Leviathan

Mittwoch, 13. Jän. 2016, 19.30 Uhr:

Regie: Andrey Zvyagintsev
Drehbuch: Oleg Negin, Andrey Zvyagintsev
Kamera: Mikhail Krichman
Musik:  Philip Glass

Darsteller: Aleksey Serebryakov, Elena Lyadova, Roman Madyanov u.a.

RUS 2014, 140 Min.

Aus Gründen, die er nicht kennt, soll der Automechaniker Kolia (Alexej Serebrjakow) enteignet und das Grundstück, das seine Familie seit Generationen bewohnt, an die Stadtverwaltung übergeben werden. Als Entschädigung spricht das Bezirksgericht ihm eine lächerlich geringe Summe zu. Kolias einzige Hoffnung ist der Moskauer Anwalt Dmitri (Vladimir Vdovitchenkov), ein Freund aus Armeezeiten. Weil auf dem Weg der Institutionen kein Erfolg zu erwarten ist, schlägt Dmitri einen anderen ein: Er erpresst Bürgermeister Shelevyat (Roman Madyanov) mit dessen Vorleben als Gangsterboss.

Dass der Staat letztlich auf der ganzen Linie siegen wird, steht von Anfang an fest wie in einem antiken griechischen Drama. Die Spannung und die schwarze Magie von „Leviathan“ gehen vielmehr von der urtümlichen Gewalt aus, mit der die Geschichte den armen Kolia in einen immer tiefer gähnenden Abgrund reißt.

Der Titel des Films spielt auf Thomas Hobbes’ gleichnamige Schrift von 1651 an, in der der Philosoph den Staat mit dem mythischen Ungeheuer Leviathan vergleicht, gegen das jeder Widerstand zwecklos ist. Der russische Regisseur Andrey Zvyagintsev, den u.a. Kleists Novelle „Michael Kohlhaas“ inspirierte, macht aus seinem Film eine Parabel, die Zeit und Landesgrenzen überschreitet. Dass er gleichzeitig konkret das System Putin im Visier hat (die Enteignungen in Sotchi, die heilige Allianz von Kreml und russisch-orthodoxer Kirche etc.), macht den Film so überaus kraftvoll.

"Leviathan" ist war zwar von offizieller Seite gefördert worden, aber Kulturminister Medinsky und die staatlichen russischen Medien waren gar nicht glücklich über den Erfolg des aus ihrer Sicht „nestbeschmutzerischen“ Films. Kurz nachdem er in Cannes für das beste Drehbuch ausgezeichnet worden war, verabschiedete die Duma ein Gesetz, das "obszöne Lexik" in russischen Spielfilmen verbietet. Auch deshalb lief „Leviathan“ mit großer Verspätung erst im Februar 2015 in Russland an. Bis dahin war der Film aber schon Zehntausende Mal online heruntergeladen worden. Viele Russen ersparten sich so die Pieps-Orgie, mit der die Dialoge "entschärft" worden waren.
Neben vielen anderen Auszeichnungen und Nominierungen erhielt „Leviathan“ 2015 den Golden Globe als bester fremdsprachiger Film.
 

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