The Straight Story

Regie: David LYNCH
Drehbuch: John ROACH & Mary SWEENEY
Kamera: Freddy FRANCIS
Musik: Angelo BADALAMENT
Mit: Richard FARNSWORTH, Sissy SPACEK (Rose, Alvins Tochter), Harry Dean STANTON (Lyle)

USA 1999, ca. 110 Min.

Mittwoch, 20. Dez. 2000

Die Sterne blitzen nicht nur, sie scheinen zu wandern. Zumindest über den Himmel von Iowa. Und sie weisen dem 74jährigen Alvin Straight den Weg vom Heimatort, dem kleinbürgerlichen Provinznest Laurens, nach Mt. Zion, Wisconsin, in eine Einöde, wo der erkrankte und seit einem Streit entfremdete Bruder Lyle in einer Holzhütte sein kümmerliches Dasein fristet.

Ein Katzensprung mit dem Flugzeug, eine Tagesreise mit einem bequemen Mittelklassewagen, aber eine halbe Weltreise für einen umgebauten  Rasenmäher der Marke John Deere. Mit genau dem nämlich macht sich Alvin auf den Weg, weil er keinen Führerschein und kein Auto mehr hat.

Daher auch der Titel mit doppelter Bedeutung, erstens für die Geschichte der Brüder Straight, die, zweitens, gleichzeitig die formale Struktur der Filmes charakterisiert: ein gradlinig und schnörkelloses Voranbewegen.

Mit „The Straight Story” ist David Lynch, der sich bisher durch komplexe und düstere Visionen Amerikas einen Namen gemacht hat, ein Road-Movie der etwas anderen Art gelungen. Wer also exzessives Grauen wie in „Lost Highway“ (1966), Dämonen-Spektakel wie in „Twin Peaks“ oder abgeschnittene Ohren wie in „Blue Velvet“ (1986) erwartet, wird hier nicht auf seine Rechnung kommen.
Stattdessen: reizvolle Landschaftsaufnahmen, die Weite reifer Weizenfelder, bizarre Wolkenformationen, fast schon verkitschte Lagerfeuerromantik sowie ein innerlich strahlender, ebenso starrköpfiger wie weiser Held, dem auf seiner sechswöchigen Reise die unterschiedlichsten Menschen begegnen. Etwa eine schwangere Autostopperin, einen Priester, ständig streitende zwei-eiige Zwillinge, einen Bus voll älterer Damen, eine Gruppe Radrennfahrer, ...

Wehmut, kauziger Stoizismus des Alters, Menschlichkeit und Würde sind zentrale Momente eines Bogens lyrischer Bildsprache, der auf schleichend schöne Weise nicht nur über die Erhabenheit der Ruhe im Herbst des Lebens sinniert. Denn der Langsame sieht mehr.

Alvin Straight wird hinreißend verkörpert vom fast 80jährigen Richard Farnsworth, der über 40 Jahre Stuntman in Hollywood war, bevor er zum Schauspieler wurde.