Tanguy (Der Nesthocker)

Regie: Etienne CHATLIEZ
Drehbuch: Laurent CHOUCHANT
Kamera: Philippe WELT
Musik: Pascal ANDREACCHIO
Mit: Sabine AZEMA, André DUSSOLIER, Eric BERGER, Aurore CLEMENT, Jean-Paul RUVE, André WILMS, u.a.

F 2001, ca. 110 Min.

Mittwoch, 25. Sept. 2002

Vor mehr als einem Jahrzehnt entführte Etienne Chatiliez das Kinopublikum mit „Das Leben ist ein langer ruhiger Fluss“ zum ersten Mal in die phantastisch-satirische Welt seiner Geschichten: Zwei Babys werden bei der Geburt vertauscht, und als man das 12 Jahre später entdeckt, kommt es in den Familien beider – die eine arm, die andere gut situiert – zu allerlei Verwicklungen. 1995 folgte „Das Glück liegt in der Wiese“.

Das neueste Opus von Chatiliez „Tanguy – der Nesthocker“ schöpft seine Kraft ebenfalls aus der kleinen Tristesse des Alltags. Doch er lässt dann komödiantisch und mit dem für den französischen Film typisch schwarzen Humor die Beteiligten ihre ineinander verstrickten Lebenskrisen lösen.

Tanguy (Eric Berger), 28, an der Uni Sinologie lehrend und schon seit geraumer Zeit dabei zu dissertieren, ist intelligent, höflich und charmant. Allein – sein Domizil ist immer noch das „Hotel Maman“, wo er sich so pudelwohl fühlt (Warum auch nicht? Morgens bekommt er frisch gepressten Orangensaft serviert, das Hausmädchen kümmert sich um seine Bügelwäsche etc.), dass er gar nicht daran denkt, etwas zu ändern. Dabei beginnen den Eltern, Edith (Sabine Azéma) und Paul (André Dussolier), nicht nur die oft wechselnden Mädchen beim Frühstück oder Tanguys Angewohnheit, einfach alles liegen und stehen zu lassen, auf die Nerven zu gehen. Die blanke Anwesenheit ihres Sohnes macht sie schon halb wahnsinnig.

Und so entwickelt das Paar eine für Eltern selten ausgeklügelt-konsequente Strategie, um den Nesthocker loszuwerden. Sie werden dabei tatkräftig von der 82jähigen Großmutter (Hélène Duc) unterstützt. Doch alle ihre zahlreichen Bosheiten, jeder noch so fiese Trick, den immobilen Filius in die Wüste zu schicken, scheint fehlzuschlagen. Doch so leicht geben die Eltern nicht auf, umso mehr als sie erfahren, dass Marcel Proust noch mit 35 bei seiner Mutter lebte ...

Was Etienne Chatiliez´ Komödie so amüsant macht, ist die Tatsache, dass Tanguy bei Eltern wohnt, die aufgeschlossen, tolerant und wohlhabend sind. Sie haben in ihrer Erziehung nichts falsch gemacht, ihr Sohn ist rundum gelungen. Und doch.

Über die Idee zum Film meinte der Regisseur: „Die Geschichte hat etwas Blasphemisches, das mir sehr gefällt. Sich gegen die eigenen Kinder aufzulehnen, ist im Grunde absolut undenkbar.“