Die Klasse

Regie : Laurent CANTET
Drehbuch: François BÉGAUDEAU
(nach seinem Roman „Entre les murs“)
Kamera: Pierre MILON
Mit: François BÉGAUDEAU, Nassim AMRABT, Laura BAQUELA, Cherif BOUNÏDJA, Juliette DEMALILLE, Dalla DOUCOURE, Arthur FOGEL u.a.

F 2008, ca. 130 Min.

Mittwoch, 27. Jan. 2010

Französischlehrer Marin (François Bégaudeau) ist entschlossen, seiner neuen Klasse nicht nur den Konjunktiv Imperfekt beizubringen, sondern auch Toleranz und Respekt. Er nimmt die 15-Jährigen ernst, hält ihrer Abgestumpftheit seinen Enthusiasmus entgegen und kontert provokative Fragen mit Witz und Ironie. Doch zunehmend misslingt ihm der Balanceakt
zwischen Zuhören und Grenzensetzen. Um die Kontrolle nicht zu verlieren, greift er immer häufiger zu autoritären Maßnahmen.
Schließlich spitzt sich der Konflikt mit einem Problemschüler zu, die Situation eskaliert.
Und doch fällt die Bilanz am Ende des Schuljahres, alles in allem, versöhnlich aus.

«Entre les murs» sieht einem Dokumentarfilm zum Verwechseln ähnlich. Basierend auf dem gleichnamigen Bestseller von François Bégaudeau werden eine Reihe von alltäglichen und authentischen Situationen in einem Pariser Collège im 20. Arrondissement geschildert. 
Unter der Beobachtung von drei Kameras und durch die Beschränkung auf wenige Schauplätze - hauptsächlich des Klassenzimmers - entfaltet sich dabei ein lebendiger Organismus von Beziehungen und Machstrukturen. Der Lehrer und die Schüler werden von Laien gespielt, die dem Film eine knisternde Energie verleihen. Mit einfachen filmischen Mitteln erzeugt Regisseur Laurent Cantet so eine Dichte der Inszenierung, in der «richtig» und «falsch» nicht mehr klar zu unterscheiden sind. Zum Vorschein kommt ein verletzliches Gefüge, in dem letztlich Nuancen darüber entscheiden, auf welche Seite das Pendel ausschlägt.

Das Scheitern des Lehrers ist aber auch ein Scheitern der Wunschvorstellung, die Schule könne die Versäumnisse der Gesellschaft auffangen und Faktoren wie Chancen-Ungleichheit, Integration, kulturelle und soziale Ausgrenzung gepaart mit der brennenden Phase der Pubertät im Zaun halten. Lehrer und Schüler werden gleichermaßen Opfer dieser Utopie. Doch bei aller Desillusionierung zeichnet «Entre les murs» ein Porträt der Schule, das in seiner Intensität immer auch Lust am
Unterricht versprüht. Dies macht den Film nicht nur für Lehrer und Schüler, sondern auch für alle anderen Zuschauer, die nicht an die  Eindimensionalität des Lebens glauben, attraktiv. Nicht zuletzt deshalb gewann «Entre les murs» 2008 die Goldene Palme bei den Filmfestspielen in Cannes.

Die deutsche „Bundeszentrale für politische Bildung“ hat dazu eine umfangreiche Broschüre heraus gegeben:
www.bpb.de/publikationen/D375OQ,0,Die_Klasse.html