Séraphine

Regie: Martin PROVOST
Drehbuch: Martin PROVOST und Marc ABDELNOUR
Kamera: Laurent BRUNET
Mit: Yolande MOREAU, Ulrich TUKUR, Anne BENNENT, Geneviève MNICH, Nico ROGNER u.a.


F 2008

Mittwoch, 12. Jan. 2011

Yolande Moreau spielt die robuste Köchin und Putzfrau Séraphine Luis (1864 – 1942), deren malerisches Talent erst von einem deutschen Kunstsammler entdeckt und gefördert wurde. Sie gilt bis heute als eine der bedeutendsten Vertreterinnen der sogenannten naiven Kunst.

1912 zieht der deutsche Kunstsammler Wilhelm Uhde (Ulrich Tukur) in das Städtchen Senlis, um sich dem Schreiben zu widmen und sich vom hektischen Leben in Paris zu erholen. Als Haushälterin stellt er eine gewisse Séraphine (Yolande Moreau) ein, eine wortkarge, etwas linkische und verschrobene Frau mittleren Alters. Sie serviert den Tee barfuß, badet
selbstvergessen nackt in einem Fluss, streichelt intensiv Baumrinden. Dabei schleppt sie immer einen Korb mit sich, den sie mit allem Möglichen füllt: feuchte Erde vom Rand eines Baches, Kerzenwachs, das sie in der Dorfkirche stiehlt, oder Blut, beim Fleischer heimlich abgefüllt.

Eines Tages entdeckt Wilhelm Uhde bei Nachbarn ein kleines auf Holz gemaltes Bild, das ihn augenblicklich fasziniert. Zu seiner großen Überraschung stellt sich heraus, dass Séraphine dieses Bild gemalt hat. Von ihren unkonventionellen Werken begeistert, beschließt der Kunstkenner, der als Entdecker von Picasso und Rousseau gilt, die eigenwillige und von ihren Mitmenschen belächelte Séraphine zu fördern.

Mit „Séraphine“ gelingt Martin Provost ein überzeugendes filmisches Porträt der wichtigen, aber immer noch weitgehend unbekannten Künstlerin Séraphine Louis – einer der zentralen Vertreterinnen der „Naiven Kunst“ in Frankreich.
Martin Provost erzählt in episodischen Szenen, behutsam begleitet vom Klang eines Da-Capo-Walzers. Vor allem aber erfasst er in seinem Film den geschärften Blick der Malerin auf alles, was sie umgibt. Die Textur einer Mauer, die Verläufe von Maserungen in Holz oder Blech, den Glanz von Straßenpflaster. Lange verweilt das Auge auf allen Phänomenen. Grau- und Blautöne bestimmen die kleinstädtische Welt von Senlis, jede Einstellung für sich ist ein sorgfältig komponiertes Stillleben. Sprechend und wogend sind hingegen die Bilder und die Bäume, in denen Séraphine Louis Trost sucht. Wann hat man zuletzt im Kino solange dem Wind zugehört?

In Frankreich avancierte der Film innerhalb kurzer Zeit zum Publikumsliebling und gewann 2009 sieben Césars - darunter diejenigen für die beste Regie, das beste Drehbuch sowie den besten Film. Yolande Moreau gewann für ihre zu recht gefeierte Interpretation der Séraphine den César für die beste Hauptdarstellerin.