Lumumba

Regie: Raoul PECK
Drehbuch: Pascal BONITZER, Raoul PECK
Kamera: Bernard LUTIC
Mit: Eriq EBOUANEY, Alex DESCAS, Théophile MOUSSA SOWIÉ, Maka KOTTO u.a.

DR Kongo/F 2000, ca. 115 Min.

Mittwoch, 13. März 2002

„Das ist eine wahre Geschichte“, steht im Vorspann von Raoul PECKs Film LUMUMBA, und eine Erzählstimme mahnt: „Sag den Kindern nicht alles, sie würden es nicht verstehen.“

Raoul Peck möchte zeigen, was „den Kindern“ über Jahrzehnte hinweg verschwiegen wurde: zwei Männer in Uniform zersägen den Leichnam eines in Tuch gewickelten Mannes. Man sieht sein blutverkrustetes Gesicht; er ist schwarz, die ihn beseitigen, sind weiß. Sie lösen den Körper in Säure auf, verbrennen die Kleider.

Nichts sollte bleiben von Patrice Lumumba, nicht einmal ein Grab: „Sogar tot mache ich ihnen Angst.“ Wenn eine Figur die eigenen Ermordung kommentiert, werden wahre Geschichten im Kino erträglicher.

Bei der Berliner Konferenz 1884 hatte Europa den afrikanischen Kontinent unter sich aufgeteilt, der riesige Kongo (4x so groß wie Frankreich, 77x so groß wie Belgien!) wurde zum persönlichen Eigentum des Königs Leopold II von Belgien, der das Land so brutal ausplündern ließ, dass schließlich der belgische Staat die Kontrolle übernahm und die Kolonie weiter ausbeutete.

Am 30. Juni 1960 wurde der junge Patrice Lumumba der erste Regierungschef in einem neuen, scheinbar unabhängig gewordenen Staat. Doch nur zwei Monate blieb er im Amt, dann wurde er vom westlich orientierten Präsidenten Kasavubu seines Amtes enthoben und später mit tatkräftiger Hilfe aus den USA und aus Europa (v.a. Belgien) ermordet.

Lumumba wird in Pecks Dokumentarfilm auf markanten Stationen seiner politischen Karriere begleitet: Seine plötzliche und unerwartete Verwandlung vom politischen Häftling zum wichtigen Teilnehmer einer Konferenz, die in Brüssel über die Unabhängigkeit des Kongo abgehalten wurde; seine berühmte Rede am Tag der Unabhängigkeit, wo er auf der offiziellen Feier ungefragt das Mikrophon ergriff und den Kolonialismus als Unterdrückung und die politische Veränderung unmittelbar als Folge eines Kampfes präsentierte – ganz im Gegensatz zu den Ansprachen des belgischen Königs Baudouin und des Präsidenten des Kongos Kasavubu, welche die Unabhängigkeit als Krönung des langen zivilisatorischen Engagements der Belgier dargestellt hatten; die Zeit des Hausarrests, umstellt von zweierlei Truppen (ein innerer Ring von UNO-Soldaten, um ihn zu schützen, ein weiterer Ring der Männer Oberst Mobutus, die ihn festnehmen wollen); seine Flucht; sein grausames Ende.

Neben dem Gouverneur der diamantenreichen südlichen Provinz Katanga, Moise Tschombe, war Colonel Joseph Mobutu der wichtigste Feind Lumumbas. Nach mehreren Putschversuchen regierte er ab 1965 mit  diktatorischer Härte, bis er endlich nach über 30 Jahren ins Exil getrieben wurde, wo er sich seines - dem Land entzogenen - „Privateigentums“ von ca. 4 Milliarden Dollar aber nicht lang erfreuen konnte.

„Immer mehr stellte sich heraus, dass Lumumba nicht nur Versprechen machte, wie andere Politiker dies zu tun pflegen, sondern er begann die Leute , aus Verbundenheit mit dem Volk, zu politisieren. Das machte ihn beliebt und begründete seinen Mythos. Lumumba ist dem Kalten Krieg zum Opfer gefallen.
Deshalb wurde er auch als Kommunist bezeichnet, denn alles, was nicht für die Belgier war, galt als für den Kommunismus.“ (Reginald Kessler, Dominikaner, Weggefährte Lumumbas)