Almanya

Regie: Yasemin ŞAMDERELI
Drehbuch: Yasemin u. Nesrin ŞAMDERELI
Kamera: Ngo The CHAU
Mit: Vedat ERINCIN, Denis MOSCHITTO, Lilay HUSER, Petra SCHMIDT-SCHALLER, Aylin TEZEL, Rafael KOUSSOURIS, Fahri Ogün YARDİM, Demet GÜL u.v.a

Mittwoch, 25. Jan. 2012

„Wir riefen Arbeitskräfte, es kamen Menschen.“ (Max Frisch) 

Hüseyin Yılmaz kommt 1964, mitten im westdeutschen Wirtschaftswunder, mit hunderttausenden anderen aus Anatolien ins Ruhrgebiet. Knapp verpasst er die Ehrung zum Millionsten »Gastarbeiter« – weil er einem in der Schlange den Vortritt lässt.
Trotzdem macht er sein Glück. Und das mitten im Land der Barbaren. Die Deutschen sind unglaublich dreckig, die Männer dürfen keine Schnurrbärte tragen, sie essen ekeliges Schweinefleisch, hören schreckliche Schlagermusik, haben Toiletten, bei denen nicht ständig das Wasser fließt, haben als Haustiere Riesenratten, Hunde genannt, und vor allem eine gewalttätige Religion, in deren Zentrum ein brutal
gekreuzigter Mann steht…

Über 40 Jahre später sind Hüseyin und seine Frau Fatma frischgebackene Deutsche.
Als ihr 6jähriger Enkel Cenk weder von seinen deutschen noch von seinen türkischen Mitschülern in die Fußballmannschaft gewählt wird, stellt er die Frage aller Fragen: »Was sind wir denn jetzt, Türken oder Deutsche?« Als Antwort erzählt ihm seine Cousine Canan die Geschichte der Familie.

Die deutsch-türkischen Schwestern Yasemin und Nesrin Şamdereli entfalten diese Geschichte nicht linear, sondern mit vielen Zeitsprüngen und einer komplizierten Struktur. Während die Familie bei der Reise in die alte Heimat Anatolien, wo Hüseyin ein Haus gekauft hat, ihre Wurzeln sucht und gleichzeitig mit den Problemen der Gegenwart ringt, wird die Geschichte der ersten Einwanderer-Generation in Rückblenden erzählt. Um dabei das Problem der Zweisprachigkeit zu umgehen, finden die Filmemacherinnen ein einfaches Mittel: Sie verzichten zwar auf Untertitel und lassen die Türken Deutsch sprechen. Dafür aber legen sie den Deutschen eine von Charlie Chaplins „Der große Diktator“ inspirierte Fantasiesprache in den Mund. Der Trick ist simpel, seine Wirkung frappierend: So fühlt es sich an, in einem fremden Land nur Bahnhof zu verstehen!

„Almanya“ ist eine rasante Komödie über den multikulturellen Alltag jenseits aller Sarrazin-Debatten und über das doch recht harmonische Zusammenleben von Deutschen und Türken.