Accordion Tribe

Regie: Stefan SCHWIETERT
Kamera: Wolfgang LEHNER
Mit: Guy KLUCEVSEK, Lars HOLLMER, Maria KALANIEMI, Bratko BIBIČ, Otto LECHNER

CH/Ö 2004, ca. 90 Min.

Mittwoch, 9. Mai 2007

Kein Musikantenstadl

„Accordion Tribe“ ist das Porträt einer außergewöhnlichen Gruppe von Musikern, die auf Betreiben des Amerikaners Guy Klucevsek zusammengekommen ist und aus dem Schweden Lars Hollmer, der Finnin  Maria Kalaniemi, dem Slowenen Bratko Bibič, dem Österreicher Otto Lechner und eben Klucevsek selbst besteht.

„Das Akkordeon ist ein frühes Produkt des Industriezeitalters, ein junges Instrument, erfunden im 19. Jahrhundert in Wien. Überall, wo es hinkam, fand es als Klavier der armen Leute schnell Einzug in die lokalen Musikkulturen und verdrängte dort heimische Instrumente. Somit ist die „Quetschkommode“ auch ein früher Vorreiter der Globalisierung. Nachdem es seit den 50er Jahren ständig an Popularität verloren hatte, erlangte das Akkordeon mit Interpreten aus aller Welt im Zuge des World Musik Booms auch bei uns wieder neue Wertschätzung.“ Soweit der Schweizer Stefan Schwietert, der im Bereich der Dokumentationen über Musiker seit Jahren eine Ausnahmestellung einnimmt, in einem Begleittext zu seinem Film.
Auch er habe das Akkordeon in seiner Jugend gehasst, gibt Schwietert an anderer Stelle zu, und wer das nicht versteht, der habe Glück gehabt, weil er seine frühen Jahre nicht inmitten jener zwangsverordneten Gesamt-Gemütlichkeit verbringen musste, wo man schon im Kindergarten mit der Knopfpolka gequält wurde. Aber es gebe eben auch ein Akkordeon jenseits von La Paloma und Musikantenstadl.

Fünf Akkordeonisten, alle virtuose Größen auf ihrem Instrument, ergeben in Summe einen Klangkörper, der ebenso grotesk wie gefühlvoll, ebenso witzig wie warmherzig, ebenso intelligent wie unterhaltsam, ebenso traditionell wie abenteuerlustig ist.

Schwieterts Kunst ordnet den Bildschnitt, obwohl in der Regel parallel erfolgend, der Tonmontage unter, schafft so z.B. konsequente Übergänge vom Konzertsaal zur Hotellobby oder vom Tourbus zur heimatlichen Wohnung. Aus den vorgegebenen Motiven der Musik und den Hintergrundgeräuschen gestaltet er – wohl auch dank eines hervorragenden Musikverständnisses – seine eigene Inszenierung der unterschiedlichen Protagonisten, statt eben deren Motiven nur blind zu folgen.