Der Kaufmann von Venedig
Regie u. Drehbuch: Michael RADFORD
Kamera: Benoit DELHOMME
Mit: Al PACINO, Jeremy IRONS, Joseph FIENNES, Lynn COLLINS u.a.
GB /I 2004, ca. 130 Min.
Mittwoch, 25. Jan. 2006
Shakespeares Drama im Original (m. dt. UT), gedreht an
Originalschauplätzen
Mit den Stars Al Pacino (als Shylock), Jeremy Irons und Joseph Fiennes hat Regisseur Michael Radford THE MERCHANT OF VENICE verfilmt - jene Komödie Shakespeares, die als eines der schwersten und tragischsten Werke des vermeintlich leichten heiteren Fachs gilt. Schwierig ist das Werk vor allem deshalb, weil es ungeniert das zeitgenössische Klischee vom geizigen, hartherzigen und geldgierigen jüdischen Händler ausbreitet.
Inhalt:
Venedig, 1596: Der junge Aristokrat Bassanio (Joseph Fiennes) ist ein Ehrenmann, aber durch seinen verschwenderischen Lebenswandel hoch verschuldet. Um das Herz seiner Angebeteten Portia (Lynn Collins) zu erobern, benötigt Bassanio 3.000 Dukaten für die Mitgift. Der Kaufmann Antonio (Jeremy Irons) bietet seinem besten Freund Hilfe an und bürgt beim jüdischen Geldverleiher Shylock (Al Pacino) für einen Schuldschein. Die Brisanz: Zahlt er das Geld nicht pünktlich zurück, darf ihm Shylock, den Antonio zuvor als Juden beschimpft, bespuckt und verachtet hatte, 500 Gramm Fleisch nahe des Herzens herausschneiden. Da der Kaufmann sehr wohlhabend ist, rechnet niemand damit, dass er das Geld nicht in drei Monaten zurückzahlen kann.
Doch das Schicksal meint es nicht gut mit ihm. Die meisten seiner Schiffe erreichen den heimatlichen Hafen nicht und die Zeit verrinnt...
Shylock zählt zu den komplexesten Charakteren, die Shakespeare geschaffen hat. Er ist einerseits als Jude im Venedig zu Ende des 16. Jahrhunderts getrieben, verfolgt und gedemütigt worden, andererseits nutzt er seine finanzielle Macht aus, um Rache zu üben. Trotz mildernder Umstände wird Shylock von Shakespeare als Bösewicht gezeichnet. Das gibt Pacino Gelegenheit zu zwei überragenden, begeisternd gespielten Monologen.
Michael Radford, 1946 in Neu-Delhi geborener Sohn eines schottischen Vaters und einer österreichischen Mutter (unter „www.hollywood.com“ findet man allerdings: „English father and Australian mother“!), drehte zunächst Dokumentarfilme. Nach „Zu einer anderen Zeit“ gelang ihm mit der Verfilmung von George Orwells’ Roman „1984“ (in den Hauptrollen: John Hurt und Richard Burton) der internationale Durchbruch. „White Mischief“ („Die letzten Tage in Kenia“, 1987) war zwar beim Start ein kommerzieller Misserfolg, gilt heute aber als Kultfilm. Für fünf Oscars wurde „Il Postino“ („Der Postmann“, 1994) nominiert und gewann über 35 internationale Preise.
Über seinen „The Merchant of Venice“ sagt er: "Wir haben behutsam modernisiert, uns um mehr Kohärenz, Menschlichkeit und Lebendigkeit bemüht sowie um mehr Hintergrundwissen. Film verlangt ein anderes Tempo, deshalb haben wir durch Kürzungen den Rhythmus der Sprache beschleunigt. Und wir haben das Verhältnis zwischen Tragik und Komik ausbalanciert.
Shylock ist ein zwiespältiger Charakter. Der Konflikt zwischen ihm und Antonio ist auch nicht persönlich, sondern kulturell motiviert. Shylock führt einen Kreuzzug gegen die Gesellschaft, fühlt sich im Recht. Und irgendwann beginnt man, sich mit ihm zu identifizieren. Es gibt keine Bösen und Guten in diesem Film, die Grenze zwischen Täter und Opfer verschiebt sich. Wir sind nicht moralisch. Ich hasse moralische Filme."
Und zum Vorwurf des Antisemitismus: "Der Kaufmann von Venedig" ist in keiner Hinsicht antisemitisch. Er weist auf Antisemitismus hin. Der existierte durch die Jahrhunderte hindurch und auch heute noch. Es wäre lächerlich, keine brisanten Geschichten mehr erzählen zu dürfen.
Radfords Verfilmung ist, von TV-Versionen abgesehen, seit der Stummfilmzeit die erste fürs Kino.
Kamera: Benoit DELHOMME
Mit: Al PACINO, Jeremy IRONS, Joseph FIENNES, Lynn COLLINS u.a.
GB /I 2004, ca. 130 Min.
Mittwoch, 25. Jan. 2006
Shakespeares Drama im Original (m. dt. UT), gedreht an
Originalschauplätzen
Mit den Stars Al Pacino (als Shylock), Jeremy Irons und Joseph Fiennes hat Regisseur Michael Radford THE MERCHANT OF VENICE verfilmt - jene Komödie Shakespeares, die als eines der schwersten und tragischsten Werke des vermeintlich leichten heiteren Fachs gilt. Schwierig ist das Werk vor allem deshalb, weil es ungeniert das zeitgenössische Klischee vom geizigen, hartherzigen und geldgierigen jüdischen Händler ausbreitet.
Inhalt:
Venedig, 1596: Der junge Aristokrat Bassanio (Joseph Fiennes) ist ein Ehrenmann, aber durch seinen verschwenderischen Lebenswandel hoch verschuldet. Um das Herz seiner Angebeteten Portia (Lynn Collins) zu erobern, benötigt Bassanio 3.000 Dukaten für die Mitgift. Der Kaufmann Antonio (Jeremy Irons) bietet seinem besten Freund Hilfe an und bürgt beim jüdischen Geldverleiher Shylock (Al Pacino) für einen Schuldschein. Die Brisanz: Zahlt er das Geld nicht pünktlich zurück, darf ihm Shylock, den Antonio zuvor als Juden beschimpft, bespuckt und verachtet hatte, 500 Gramm Fleisch nahe des Herzens herausschneiden. Da der Kaufmann sehr wohlhabend ist, rechnet niemand damit, dass er das Geld nicht in drei Monaten zurückzahlen kann.
Doch das Schicksal meint es nicht gut mit ihm. Die meisten seiner Schiffe erreichen den heimatlichen Hafen nicht und die Zeit verrinnt...
Shylock zählt zu den komplexesten Charakteren, die Shakespeare geschaffen hat. Er ist einerseits als Jude im Venedig zu Ende des 16. Jahrhunderts getrieben, verfolgt und gedemütigt worden, andererseits nutzt er seine finanzielle Macht aus, um Rache zu üben. Trotz mildernder Umstände wird Shylock von Shakespeare als Bösewicht gezeichnet. Das gibt Pacino Gelegenheit zu zwei überragenden, begeisternd gespielten Monologen.
Michael Radford, 1946 in Neu-Delhi geborener Sohn eines schottischen Vaters und einer österreichischen Mutter (unter „www.hollywood.com“ findet man allerdings: „English father and Australian mother“!), drehte zunächst Dokumentarfilme. Nach „Zu einer anderen Zeit“ gelang ihm mit der Verfilmung von George Orwells’ Roman „1984“ (in den Hauptrollen: John Hurt und Richard Burton) der internationale Durchbruch. „White Mischief“ („Die letzten Tage in Kenia“, 1987) war zwar beim Start ein kommerzieller Misserfolg, gilt heute aber als Kultfilm. Für fünf Oscars wurde „Il Postino“ („Der Postmann“, 1994) nominiert und gewann über 35 internationale Preise.
Über seinen „The Merchant of Venice“ sagt er: "Wir haben behutsam modernisiert, uns um mehr Kohärenz, Menschlichkeit und Lebendigkeit bemüht sowie um mehr Hintergrundwissen. Film verlangt ein anderes Tempo, deshalb haben wir durch Kürzungen den Rhythmus der Sprache beschleunigt. Und wir haben das Verhältnis zwischen Tragik und Komik ausbalanciert.
Shylock ist ein zwiespältiger Charakter. Der Konflikt zwischen ihm und Antonio ist auch nicht persönlich, sondern kulturell motiviert. Shylock führt einen Kreuzzug gegen die Gesellschaft, fühlt sich im Recht. Und irgendwann beginnt man, sich mit ihm zu identifizieren. Es gibt keine Bösen und Guten in diesem Film, die Grenze zwischen Täter und Opfer verschiebt sich. Wir sind nicht moralisch. Ich hasse moralische Filme."
Und zum Vorwurf des Antisemitismus: "Der Kaufmann von Venedig" ist in keiner Hinsicht antisemitisch. Er weist auf Antisemitismus hin. Der existierte durch die Jahrhunderte hindurch und auch heute noch. Es wäre lächerlich, keine brisanten Geschichten mehr erzählen zu dürfen.
Radfords Verfilmung ist, von TV-Versionen abgesehen, seit der Stummfilmzeit die erste fürs Kino.


