Die Geschichte vom weinenden Kamel

Regie u. Drehbuch: Byambasuren DAVAA u. Luigi FALORNI
Kamera: Luigi FALORNI
Mit: Janchiv AYURZANA, Chimed OHIN, Amgaabazar GONSON u.a.

D/Mongolei 2003, ca. 90 Min.

Mittwoch, 15. Dez. 2004

Im weiten Süden der Mongolei, in der unwirklichen Landschaft der Wüste Gobi, kommt ein kleines weißes Kamel zur Welt.
Die Mutter, geschwächt und verstört von der schmerzhaften Geburt, verstößt ihr Junges. Ohne die nahrhafte Muttermilch scheint das Kalb, das sich seiner Mutter immer wieder verzweifelt nähert, dem Tod geweiht.
In ihrer Not erinnern sich die Hirtennomaden an das uralte Hoos-Ritual: Ein Musiker aus der fernen Stadt soll mit Gesang und den magisch-himmlischen Klängen seiner Kopfgeige die Kamelmutter zum Weinen bringen und so ihr Herz erweichen. Und tatsächlich: Die Mutter bricht in Tränen aus, ihr Junges darf säugen und ist gerettet.

Ein kleines Wunder scheint da zu geschehen. Dabei zieht im Prinzip „nur“ der Höhepunkt eines Filmes über die Leinwand, der, mit viel Einfühlungsvermögen gedreht, von einer archaischen Lebensweise berichtet, in der Mensch und Tier einander unendlich nahe sind und die Sorge umeinander alles bestimmt.

Die mongolische Jungregisseurin Byambasuren Davaa und ihr italienischer Co-Regisseur Luigi Falorni haben sich für ihren Abschlussfilm an der Münchner Filmhochschule ein eher unzeitgemäßes Thema ausgesucht: in der Tradition früher Dokumentaristen wie Robert J. Flaherty nähern sie sich behutsam einem autarken Volk an, vollziehen dessen  alltägliche Handgriffe mit und helfen mitunter inszenatorisch ein wenig nach, wenn es darum geht, einer Fabel die nötigen narrativen Wendungen zu sichern.

Märchenhafte Geschichten, schöne Landschaften, friedliche und zufriedene Gesichter, poetische Blicke auf ein scheinbar ungestörtes Verhältnis von Mensch und Natur: Byambasuren Davaa und Luigi Falorni haben ihr Filmprojekt zwischen Fiktion und Dokumentation angesiedelt, wobei zumindest in Andeutungen auch ein Verfall der wohlinszenierten Ursprünglichkeit zu bemerken ist. Der Ritt in den Ort z.B. wird auch zur Konfrontation mit den Errungenschaften der Moderne, wobei der Film ironische Zivilisationskritik übt: Ugna, noch ein kleiner Bub, erliegt der Faszination des Fernsehens.