Heimkehr der Jäger

Regie u. Drehbuch: Michael KREIHSL
Kamera: Oliver BOKELBERG
Mit: Ulrich TUKUR, Julia FILIMONOW, Nikolaus PARYLA, Johannes SILBERSCHNEIDER, Sophia GORGI, Justus NEUMANN u.a.

Ö 2000, ca. 90 Min.

Mittwoch, 21. Feb. 2001

Franz, Kopist im Wiener Kunsthistorischen Museum, hat in zunehmendem Maße mit dem Werteverlust und der immer stärker um sich greifenden Kapitalisierung seines Umfeldes zu kämpfen. Er lebt getrennt von Frau und Tochter. Seine Arbeit und die Auseinandersetzung mit den berühmten Gemälden üben enormen Einfluss auf ihn aus: Er entwickelt eine wachsende Sensibilität für im Alltag verborgene Konflikte.

Als seine Frau ihm den Kontakt zu seiner Tochter verwehrt, wächst der Druck. Auch die Begegnung mit Mathilde, die er im Museum kennenlernt, kann die zunehmende Verunsicherung und Wut nicht mehr verhindern. Die Bilderwelten drängen massiv und mit voller Wucht in die Realität. Scheinbar banale Veränderungen in seiner Umgebung empfindet Franz zunehmend als persönliche Bedrohung: die Zunahme von Werbeplakat-Flächen in seiner Straße, das Schließen seines vertrauten Feinkostgeschäfts, der laufende Motor eines geparkten Autos...

Franz reagiert. Auf absurde Weise – er stiehlt einen historischen Helm und ein ebenso altes Gewehr – will er sich gegen die Aggressivität der Welt zur Wehr setzen. Eine Eskalation von Konflikten ist die Folge; schließlich wird er von den Behörden als Verbrecher verfolgt.

In Michael Kreihsls neuem, wortkargem Film werden wohl nicht zufällig immer wieder Fragen gestellt, auf die der oder die Befragten nicht antworten. Ein wenig so ist der ganze Film: eine winterliche, elegische Erzählung, die viele Fragen offen lässt. Wie ein altes Bild, wie die eisige Landschaft im Bild „Heimkehr der Jäger“ von Bruegel.

Aber man muss nicht alle literarischen oder kunsthistorischen Bezüge von Thomas Bernhard bis Vermeer erkennen, man kann ganz einfach auch dieser lakonischen Geschichte vom langsamen Abgleiten eines Menschen in die Spirale der Selbstzerstörung lauschen.

Regisseur Michael KREIHSL, Jahrgang 1958, hat vor seinem Regiestudium Kunstgeschichte und Archäologie studiert sowie eine Ausbildung zum Gemälderestaurator absolviert. „Das Biographische an meinem neuen Film ist natürlich der Verlust und das Verschwinden von Dingen, die unsere geistige Nahrung waren. Apropos Verschwinden: Viele unserer Motive haben sich nach unserem Dreh in Luft aufgelöst, d.h. wurden entweder abgerissen oder total renoviert.“


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