Code inconnu

Regie u. Drehbuch: Michael HANEKE
Kamera: Jürgen JÜRGES
Mit: Josef BIERBICHLER, Juliette BINOCHE, Maimouna DIARRA, Luminta GHEORGIU, Luminita GHEORGIU, Alexandre HAMIDI, Thierry NEUVIC, Ona Lu YENKE u.a.

D/F 2000, ca. 120 Min.

Mittwoch, 28. Nov. 2001

Objekt von Michael HANEKES Betrachtungen ist die französische Hauptstadt Paris – es könnte aber jede andere westeuropäische Stadt sein, denn jede hat mit zunehmender Kälte, Kulturen-Missverstehen und Beziehungslosigkeit zu kämpfen.

Da ist zunächst die Schauspielerin Anne (Juliet Binoche), die an sich und ihrer Liebe zum Kriegsberichterstatter Georges (Thierry Neuvic) zu zweifeln beginnt; ein junger Schwarzer muss erkennen, dass ihn auch seine Zivilcourage und ein intaktes soziales Gewissen vor massiven Lebensproblemen und Fehleinschätzungen nicht schützen; eine nach Rumänien abgeschobene Frau sieht sich gezwungen, illegal wieder nach Frankreich einzuwandern; Georges’ Vater, ein wortkarger Landwirt (Josef Bierbichler), verzweifelt daran, dass sein jüngerer Sohn Jean den Hof nicht übernehmen will – versprengte Splitter eines Thrillers, eines Films-im-Film, an dem die Schauspielerin arbeitet, machen die Entschlüsselung jenes Codes, der diesen Film im Innern zusammenhält, zum komplexen Rätsel.

"Die Initiatorin des Films war im Grunde Juliette Binoche. Sie hat mich angerufen und gefragt, ob wir nicht etwas miteinander machen können. Das Problem war nur: Wie kann ich als Ausländer in Frankreich über französische Verhältnisse reden, die jeder Franzose besser kennt als ich? Andererseits wollte ich schon seit längerem einen Film über die neue Völkerwanderung drehen. Also habe ich mir gesagt, wenn ich schon selbst in der Situation eines Fremden in Paris bin, ist das eine gute Gelegenheit. Diese Völkerwanderung steht erst am Beginn und wird sicherlich das Thema des Jahrhunderts sein, was sich heute in Paris und London am besten beobachten und allein schon am Stadtbild ablesen lässt. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass Frankreich und England Kolonialmächte waren.
Eine andere Überlegung bezog sich auf Juliette Binoche. Ich versuche ja immer, realistische Filme zu machen, aber wie geht das mit einem Star? Ich kann sie ja nicht das Mädchen von nebenan spielen lassen. Also habe ich mir mit dem Drehbuch die Möglichkeit geschaffen, eine bekannte  Schauspielerin in der Rolle einer Schauspielerin zu besetzen und damit auch ein zweites Thema zu behandeln, das mich interessiert - nämlich die Frage, was Realität im Kino eigentlich ist. Diese Themenkomplexe haben sich dann nach und nach miteinander verbunden.“ (Michael Haneke)

1997 hat der österreichische Regisseur Michael Haneke mit seinem Film FUNNY GAMES, in dem eine ganze Familie in ihrem Feriendomizil von Gewalttätern ausgerottet wird, die Kinowelt geschockt. Mit CODE INCONNU (Code unbekannt) richtet er ( einen nüchternen, unverwandten und schonungslos analysierenden Blick auf die westliche Zivilisation zu Beginn des 21. Jahrhunderts, nur um festzustellen, das die Welt fremd und kommunikationsarm geblieben ist.

Haneke-Filme im Filmklub-Programm:
DIE KLAVIERSPIELERIN (2001 - s. 30.4.2003), CACHÉ (2005 - s. 29.3.2006), DAS WEISSE BAND (2009, s. 13.1.2010)